Es ist einmal mehr Weihnachten…

und schon liegt das Thema der Geschenke in der Luft. Bereits Wochen vor dem großen Finale am Heiligen Abend zeigt es sich in all seinen Facetten, Wirkungen und Folgewirkungen. Doch nicht nur zu Weihnachten können Geschenke ihre Verbündeten aus dem Land der Magie auf den Plan rufen. Auch zu anderen Festen, Geburtstagen, kleinen und großen Anlässen geben Menschen gerne Geschenke und nehmen sie entgegen. Du denkst jetzt wahrscheinlich an die materiellen, ich auch. Doch es gibt die gleiche Palette noch in einer anderen Abteilung: Die ideellen Geschenke. Oh, und da kommt noch eine weitere Spezialität aus den dunklen Kellergewölben: Die Geschenke, die eingefordert werden. O.K, vielleicht kennt heute nicht mehr jeder den Film mit Marlon Brando, in dem er manchmal als Mafia-Boss um einen Gefallen „bittet“. xxxxxDabei ist die Definition noch recht einfach. Wikipedia sagt: Ein Geschenk ist die freiwillige Eigentumsübergabe einer Sache oder eines Rechts ohne Gegenleistung, also kostenlos. Ist doch easy, oder?

Frei-willig?

Die Praxis sieht oft anders aus und es beginnt bereits mit der ersten Bedingung: Freiwillig, aus dem freien Willen. Das bezieht sich in meiner Beobachtung auf den Schenkenden und den Beschenkten gleichermaßen. Geben wir ein Geschenk freiwillig, wenn der Grund ist: Es ist Weihnachten oder ein Geburtstag?  Wohl kaum, wir sind konditioniert, das „macht man so:“ Das schließt zwar nicht aus, den nahen Freunden und Familienmitgliedern aus reiner Freude und im freien Willen zu schenken: Doch wie sieht es aus, wenn mir nichts einfällt, der oder diejenige „alles hat“? Warum muss ich eigentlich zu Weihnachten jedem Kunden oder Geschäftspartner etwa schenken?

Geschäftsgeschenke.

Gehen wir einen Schritt tiefer in die Höhle des Schenkens. Ist die Annahme ebenfalls freiwillig? Ich glaube, es sind die ganz seltenen Fälle, wo einvernehmlich eine Annahme verweigert wird. Der Normalfall dürfte sein, eine gute Miene zum bösen Spiel zu machen. Zu meinen Managementzeiten gab es einen Geschäftsfreund, der in seinem Keller ein großes Regal hatte. Dort standen die meisten der Geschenke, die er von Freunden oder Geschäftspartnern erhalten hatte, fein säuberlich beschriftet wie in einer Asservatenkammer. Kamen die Schenker angemeldet zu Besuch, wanderte die Vase nach oben ins Wohnzimmer, für einen Tag. Krasser geht’s nicht, doch es zeigt deutlich das ungelöste Thema. Was steckt neben der Konditionierung hinter dieser Verhaltensweise? Wir wollen geliebt werden und wir wollen lieben.

„Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft“?

Das ist eine Einbahnstraße. Wenn eine Freundschaft besteht, dann ist es eine wunderbare Möglichkeit, diese zu dokumentieren, zu unterstreichen. Doch das beginnt durch verbale und nonverbale Gesten: Eine sanfte, bestätigende Berührung oder ein in-den-Arm nehmen. Ein „Danke“, wenn ich etwas erhalte oder auch beobachte. Ein herzliches aus dem Moment gesprochenes Danke, das sich auf etwas bezieht, was ich getan oder bewirkt habe, ist für mich eines der größten Geschenke. Wenn es mir authentisch und spürbar ehrlich serviert wird. Das darf dann auch mal etwas Materielles sein, eine Einladung zu einem Kaffee oder eine Karte bei einem gemeinsamen Kinobesuch. Interessant finde ich dabei: Je tiefer und länger eine Freundschaft besteht, umso weniger Erwartungen werden in dieser Hinsicht gestellt. Fazit: Kleine oder auch große Geschenke können eine lebendige, authentische Beziehung unterstreichen und verstärken. Umgekehrt funktioniert nicht. Über Geschenke kann ich mir Kontakte, Kunden erkaufen. Doch sie werden durch noch mehr Geschenke nicht zu Freuden. Manchmal im Gegenteil. Nicht selten werden auf diesem Abweg des Schenkens auch Test-Ballons versendet Der Schenkende ist unsicher, ob wirklich eine Freundschaft besteht und versucht seine Unsicherheit durch ein Geschenk zu kompensieren. Verworrene Wege, die letztlich immer wieder zum gleichen Punkt führen: Wer unbewusst oder bewusst versucht, auf diese Weise im Außen zu manipulieren, um Freunde zu gewinnen, zeigt nur Eins. Seine eigene innere Leere. Freunde gewinnen geht dann immer leichter, wenn ich meinen Fokus auf meinen eigenen inneren Zuwachs lege. Dann brauche ich weniger Geschenke von anderen und kann mich im Geben von Geschenken auf die konzentrieren, die sie brauchen können. Und gerne annehmen oder sich frei fühlen, sie liegen zu lassen. Für weiteres Training verweise ich gerne an den Altmeister des Freunde Gewinnens: Dale Carnegie.

Mangeldenken?

Ein recht versteckter, psychologischer Aspekt möchte in dem Zusammenhang ebenfalls betrachtet werden: Wenn ich meinem Gegenüber etwas Materielles schenke, antizipiere ich ja neben der Zuversicht, dass es ihm gefällt, auch: Dass er es braucht oder gebrauchen kann. Und zwar Jetzt. Wenn das wirklich so wäre und er es sich nicht selbst gekauft hat, würde es ja bedeuten: Er/ sie lebt im Mangeldenken. Das wird für mich besonders deutlich bei der unsäglichen Gewohnheit „Gesundheit!“ zu sagen, wenn Jemand niest. Wer das tut, also dem anderen „Gesundheit“ wünscht, unterstellt ja (unbewusst), dass er im Zustand der Krankheit weilt. Die Symptome lassen zwar darauf schließen, doch es könnte ja auch ein Härchen in der Nase gewesen sein oder ein auf andere Weise provoziertes, befreiendes Niesen. Abgesehen davon: Wie fühlst du dich, wenn du tatsächlich kränkelst und dir so halbherzige Sätze entgegengeworfen werden? Geht´s dir dann besser? Oder würde dir im Falle der Erkältung nicht ein Rückzug in deine Höhle mehr helfen? Könnte es ein wunderbares Geschenk sein, wenn das ein guter Freund erkennt und dir bei diesem Rückzug behilflich ist? Indem er dir etwas abnimmt, etwas besorgt, sich kümmert?

Der Sammler und Jäger in uns.

Zurück zum materiellen Schenken in der Zeit der Fülle: Es braucht in meiner Beobachtung eine gute Kommunikation, wenn es gelingen soll. Denn neben dem Mangelaspekt nehme ich dem Beschenkten vielleicht das Abenteuer, eine Sache selbst zu entdecken, zu erforschen bis ein inneres Kribbeln der Begierde entfacht und der Jäger auf die Pirsch geht. Ich könnte noch lange hier weitermachen, doch ich möchte nur aufzeigen: Wenn du dich etwas fallen lässt in das Thema, dann wirst du möglicher Weise mehr Kontrapunkte als Propunkte finden. Probier´s mal aus. Nein, die größte Zielgruppe habe ich nicht vergessen, sondern aufbewahrt für den Schluss:

Die Kinder.

Die Chance, beim Schenken auf Dankbarkeit zu treffen ist hier am Größten. Denn sie sind, besonders in jungen Jahren auf Geschenke angewiesen. Im Grunde ist ja alles, was sie in den ersten Tagen, Wochen und Monaten aus ihrem Umfeld erhalten ein Geschenk: Ich zitiere nochmals: Die freiwillige Eigentumsübergabe einer Sache oder eines Rechts ohne Gegenleistung, also kostenlos. Na? Klickerts? Wenn wir mal genau hinschauen: Bei Mama und Papa mag das ja (anfangs) noch so sein. Doch kommen nicht früher oder später so Sätze wie: „Lach doch mal.“ “Freust du dich denn gar nicht?“  Oder die Anweisung, (unfreiwillig) danke sagen zu müssen: Nein, für mich hat das Nichts, aber auch gar Nichts mit Erziehung zu tun. Kinder lernen ganz von selbst durch Abgucken. Wenn sie also etwas nehmen ohne Danke zu sagen, dann haben sie sich das Abgeguckt. Oder sie sind vielleicht einfach nur ehrlich: Sie sind nicht dankbar für den neuen Pullover, weil sie den aus ihrer Sicht nicht brauchen. Zumindest nicht so dringend wie ein paar zusätzliche Legosteine (ich spreche von mir). Dennoch ist das Beschenken von Kiddies relativ einfach. Mit ein wenig Kommunikation, Empathie und Phantasie in der Planungsphase kann es gut gelingen. Kiddies können übrigens die ihnen geschenkte Zeit und Aufmerksamkeit noch sehr gut wahrnehmen und wertschätzen. Also auch dafür ideale Trainingspartner.

Ich persönlich liebe bis heute Geschenke.

Die ganz kleinen Zufälle, ein Gutschein, ein Rubbellos für einen Freikaffe, ein Upgrade im Hotel und noch viel mehr die Momente, wenn ich in der physischen Welt unterwegs bin: Der unerwartete Sonnenstrahl, ein Reh auf dem Feld, das Lächeln der Verkäuferin an der Kasse nach einem Joke, das Lied in der playlist, eine Hammerinformation im Podcast, das anregende Gespräch mit dem Nachbarn im Zug oder kürzlich die völlig unerwartete Happy-hour im Bordrestaurant der Bahn. Eben das Unerwartete ist es, was mich so bereichert. Und manchmal beschenke ich mich selber: Wenn ich für Jemanden etwa tue, was ich mir vorher nicht zugetraut hätte. Es fühlt sich gut an, diesen kleinen Schritt zu wachsen und das ist es bereits wert: Doch wenn dann, on top sozusagen, mein Gegenüber mich anstrahlt und sagt: „Danke“. Dann ist das die Krönung. Schreib mal in die Kommentare, welche Erfahrung oder Meinung du zum Schenken hast.

Der Impuls zu diesem Artikel kam beim Posten auf Instagram am 25.12.2019: Weihnachten…Zeit der Geschenke